Klöster, Jurten und Megabaustelle

Über die Bauten und die Architektur der Stadt existiert ja ein ziemlich fest geprägtes Klischee, nämlich der einer Plattenbaustadt im russischen Stil. So ganz richtig war das aber zu keiner Zeit, denn die Bauten im Zentrum der Stadt sind hauptsächlich in den 50 er und 60er Jahren als Ziegelbauten und von chinesischen Firmen errichtet worden. Erst Ende der 60 er Jahre und etwas abseits des Zentrums entstanden die ersten russischen Plattenbauten mit der typischen grauen Fassade aus Wachbeton zumeist als 4 oder 5 Geschosser.
Mitte der 70 er Jahre begann dann ein regelrechter Bauboom der mit der politischen Wende 1990 abrupt endete.
In dieser Zeit entstanden die heute das Stadtpanorama prägenden Neubauviertel mit 9 bis 12 geschossigen Hochhäusern, die auch nach wie vor das Klischee von der Plattenbaustadt unterstreichen. Auch wenn diese Wohnviertel dem westlichen Besucher nicht sehr wohnlich erscheinen mögen, diese Wohnungen bedeuteten und bedeuten für die Bewohner von Ulaanbaatar einen enormen Fortschritt. Es wurden in sehr kurzer Zeit für eine Vielzahl von Menschen Wohnungen geschaffen, die den normalen europäischen Standard boten, also Zentralheizung, Bad, Toilette und fast immer ein Balkon. Davon abgesehen haben Mongolen kein Problem damit in einem relativ unpersönlichen Umfeld in Hochhäusern zu leben, das persönliche ist die eigene Wohnung, schon nach der Wohnungstür, im Treppenhaus, ist hier Niemandsland.
Diese Wohngebiete waren auch als solche geplant, es gab also immer auch Spielplätze, Freiflächen Kindergärten und Schulen. Was man dort kaum fand waren Geschäfte, Restaurants oder Kleingewerbe. Als erstes zogen nach 1990 kleine Händler mit ihren Geschäften in die Erdgeschosswohnungen dieser Hochhäuser, heute wird die Bebauung dort kontinuierlich verdichtet, natürlich zu Lasten der Spielplätze oder Freiflächen. Teilweise müssen auch als reine Wohngebietstraßen konzipierte Trassen für den Durchgangsverkehr geöffnet und verbreitert werden. Kurzum aus den ehemals reinen Wohngebieten werden in besonders in Zentrum Nähe normale Großstadtquartiere. Dagegen entstehen auf bisher unbebauten Arealen, wie etwa südlich des Stadtzentrums neue Wohngebiete, die aus teilweise abgetrennten komplexen Wohnanlagen bestehen und bei denen ein sehr hoher Komfort, mit Tiefgaragen, Grünanlagen und sehr gut ausgestatten Wohnungen angeboten wird.

Im Stadtzentrum, das derzeit ungefähr den Raum von der so genannten Westkreuzung, bis zum Selbe Fluss einnimmt, entstehen derzeit auch eine ganze Reihe repräsentativer Hochhäuser, teils als Bürohäuser, aber auch als Wohnhäuser mit gehobenem Komfort. Die Geschosshöhen liegen dabei meist über 13 oder 14 Geschossen, teilweise auch über 20. Insgesamt besteht in der Stadt das Bestreben möglichst höhere Geschosszahlen zu realisieren. Spektakulärstes Bauvorhaben ist derzeit ein Bürohaushaus an der Südseite des Suchbataar Platzes, das sowohl mit seiner geschwungenen Form als auch mit seiner Geschosszahl von 27 oberirdischen Etagen auffällt.
Den flächenmäßig größten Anteil in der Stadt nehmen jedoch heute die so genannten Jurtenviertel ein. Wobei der Begriff Jurten viertel nicht korrekt ist, denn die überwiegende Zahl der Bewohner dort leb nicht in Jurten, sondern in kleinen Gebäuden aus Stein oder Holz. Der enorme Zuzug und die Landprivatisierungspolitik der Regierung haben dafür gesorgt, dass diese Viertel rasend schnell wachsen. Da jede Familie derzeit 700 Quadratmeter Land als Eigentum erhalten kann, ist natürlich ein zusätzlicher Anreiz geschaffen vom Land in die Stadt zu siedeln. Die Grundstückspreise steigen kontinuierlich und erreichen heute im Stadtzentrum mehr als 1000 USD je Quadratmeter.

Kann man heute getrost als die Altstadt bezeichnen, die Friedenstraße westlich des Zentrums    

Abgesehen von den schon benannten Wohnanlagen und den Bauten um den Suchbaatar Platz, kann man bei den derzeitigen Bauvorhaben kaum eine architektonische Leitlinie erkennen. Es scheint alles mehr oder weniger genehmigungsfähig zu sein. Da die mongolische Architektur keine eigene Tradition kennt, hat man sich auch bis heute noch nicht für einen bestimmte Richtung entschieden. Es wird praktisch alles gebaut oder kopiert, was weltweit zu finden ist. Man baut Kolosse die an die spanische Franko Architektur erinnern neben Häuser mit Spitzdach und Gaupe, die eine Lückenbebauung in einer deutschen Kleinstadt ausfüllen könnten, empfindet das weiße Haus nach oder man imitiert am Suchbaatar Platz ein wenig Dubai.